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1184C

CAPITULUM XIV.

 

Quod nullus sensum Scipturae, quae divina meruit appellari, suo sensui, sed potius suum sensum illi debet accommodare.

 

 

Anselmus Havelbergensis episcopus dixit: « Si auctoritates ad persuadendum tibi hoc expostulas, utinam cum eas audieris, recto sensu suscipias! sed vereor quod contingat hoc proverbium de te, quod apud nos dicitur: Lupus positus est ad discendos apices; sed ipse semper clamavit agnum, agnum, agnum, non altendens quod foris a docente audivit, sed quod intus in corde gessit. Quod si tu cor tuum indurasti, et animum tuum obstinatum adeo obserasti, ut quidquid dicatur, tu tamen acquicscere nolis: quid ergo valet quidquid dixerimus? Melius est autem humiliter tacere, quam inutiliter loqui, et aerem verbis otiosis verberare, quia tempus est loquendi, et tempus est tacendi.

 

Si autem propositas auctoritates ad tuum sensum retorquere niti volueris, et non potius tuum sensum divinae Scripturae accommodare curaveris, timeo ne forte in hoc quoque Spiritu sancto adverseris et resistas, dum ea quae, dictante Spiritu sancto, scripta sunt, extra intellectum Spiritus sancti temere evertere, et ad tuum sensum retorquere non erubescis, et nos non ad vincendum, sed ad investigandum quid verum sit, convenimus; ita quippe Veritas dicit: Verba quae locutus sum vobis, spiritus et vita sunt (Ioan. VI, 64). Et alibi : Spiritus vitae (Ezech. X, 17), qui erit in vobis, scilicet sanctarum Scripturarum. »

 

Nechites archiepiscopus Nicomediae dixit: « Quantum malum sit, intellectum Scripturae, quae divina meruit appellari, ad proprium sensum quasi violenta expositione distorquere, ac non potius proprium sensum omnino divinae Scripturae humiliter mancipare et accommodare, nulli debet esse incognitum qui sacris lectionibus vacare consuevit, et ideo bene monuisti; fac ergo et tu quod tu in me monuisti; et si vis proponere sacras auctoritates, ita eas exponas, ne videaris tuam sententiam, quia tua est, non quia vera est, extorta expositione, velle probare; scriptum quippe est : Qui fortiter premit ubera ad eliciendum lac, exprimit butyrum; et qui vehementer emungit, elicit sanguinem (Prov. XXX, 33). Sed iam dic si quas auctoritates habes tuae sententiae in proposita quaestione faventes. »

 

Anselmus Havelbergensis episcopus dixit: « Hoc adhuc praemittendum videtur, quoniam quandiu propriis verbis locuti sumus, uterque nostrum in suo sensu abundare potuit. Sed iam cum divina verba tractare coeperimus, decet ut sine contentione loquamur, et debita reverentia invicem supportantes, Spiritui sancto, qui est auctor divinae Scripturae, honorem deferamus, quatenus ipse nobis dignetur veraciter aperire, quod ipse vult nos humiliter et sine contentione investigare. Sunt enim aliqui, quos dum urget veritas Scripturae, in disputatione malunt etiam victi litigare, et perversis vocibus veritati reluctari, quam proprios errores confiteri, qui dum non inveniunt quid tandem respondeant, tacere tamen humiliter ignorant. »

 

 

Nechites archiepiscopus Nicomediae dixit: « Bene dixisti, sed hoc quoque non est silentio praetereundum, ut si forte alter nostrum ab altero in exponenda Scriptura dissenserit, quia hoc plerumque sana fide fieri potest, non statim error vocetur quod dicitur, quoniam de una Scriptura saepe diversi boni intellectus eliciuntur, et nequaquam sunt spernendi, quamvis ad praesentem quaestionem minime spectare videantur. »

 

Anselmus Havelbergensis episcopus dixit: « Optime dicis, tu tantum benevolus sis.et ad credendum non tardus, nec difficilis; et ne quaeras, sicut vulgo dicitur, nodum in scirpo, quia sicut in malevolam animam non introibit sapientia (Sap, I, 4), ita in benevolam animam ultro se ingerit divina sapientia. »

 

 

Nechites archiepiscopus Nicomediae dixit: « Bono animo esto, ego quod credendum est libenter credo, si tamen convenienter ad hoc inductus fuero; sed iam tamen dic. »

 

Kapitel 14

 

Kein Gedanke der Schrift, die es verdient göttlich genannt zu werden, darf der eigenen Meinung, sondern vielmehr sollten die eigenen Gedanken der Schrift angepasst werden.

 

Anselm von Havelberg sagte: Wenn du Autoritäten verlangst, damit du überzeugt wirst, dann nimm sie doch, während du sie hören wirst, im rechten Sinne auf. Ich fürchte aber, dass das folgende Sprichwort, das es bei und gibt, auf dich zutrifft: Der Wolf ist in der Lage, Fährten zu lesen, aber er schreit immer nur Lamm, Lamm, Lamm, und folgt nicht dem, was ihm von außen ein Lehrer sagt, sondern nur dem, was er in seinem Herzen trägt. Wenn du also dein Herz erhärtet hast und deine Seele eigensinnig dermaßen verschlossen bleibt, dass du das, was auch immer gesagt wird, nicht annehmen willst, was hat es dann noch für einen Sinn, dir etwas zu sagen? Es ist nämlich besser demütig zu schweigen, als unnütz zu reden und die Luft mit müßigen Worten anzufüllen, denn es gibt eine Zeit zu reden und eine Zeit zu schweigen.

 

Wenn du aber danach streben willst, die angeführten Autoritäten in deinem Sinne zurechtzubiegen, anstatt dich darum zu bemühen, vielmehr deine Meinung an die heilige Schrift anzupassen, fürchte ich, dass du dich vielleicht dem Heiligen Geist widersetzt und ihm widerstehst. Denn ohne zu erröten entstellst du leichtfertig das, was gemäß dem Heiligen Geist geschrieben steht, und biegst es in deinem Sinne zurecht. Wir sind aber nicht zusammengekommen, um zu siegen, sondern um die Wahrheit zu finden. Die Wahrheit lautet nämlich: "Die Worte, die ich zu euch geredet habe, die sind Geist und sind Leben." und an anderer Stelle: "Der Geist des Lebens," der in ihnen war, nämlich der der Heiligen Schrift.

 

 

Niketas von Nikomedien sagte: Es ist wahrlich schlecht, den Sinn der Schrift, die es verdient göttlich genannt zu werden, in seiner Darlegung sozusagen gewalttätig zu seiner eigenen Meinung umzubiegen und nicht vielmehr die eigene Meinung völlig der göttlichen Schrift demütig zu unterwerfen und anzupassen. Das dürfte niemandem unbekannt sein, der Muße für die heiligen Schriften hat, deshalb ist deine Ermahnung angemessen. Halte dich also auch selbst daran, worauf du mich hinweist, und wenn du die heiligen Autoritäten vortragen willst, so lege sie so dar, dass nicht der Verdacht aufkommt, du willst durch die Verdrehung der Erklärungen deine eigene Meinung beweisen, nicht etwa weil sie wahr wäre, sondern weil sie die deine ist. Es steht nämlich geschrieben: "Denn wenn man Milch stößt, so wird Butter daraus, und wer die Nase hart schnäuzt, zwingt Blut heraus" Aber sage nun, welche Autoritäten hast du, die deine Meinung zu der gestellten Frage unterstützen.

 

Anselm von Havelberg sagte: Es scheint mir, dass ich folgendes vorausschicken muss: Solange wir nämlich mit unseren eigenen Worten gesprochen haben, konnte jeder von uns beiden seinen eigenen Gedanken hervorbringen, so viel er wollte. Aber sobald wir begonnen haben, über die Worte Gottes zu reden, ist es notwendig geworden, dass wir ohne Zank sprechen. Indem wir uns die gebührende gegenseitige Achtung bekunden, halten wir den Heiligen Geist, den Urheber der göttlichen Schrift, in Ehren, damit er uns selbst für würdig erachtet, sich uns zu offenbaren, weil er selbst will, dass wir uns demütig und ohne Streit auf die Suche nach der Wahrheit begeben. Es gibt nämlich Leute, die, wenn sie von der Wahrheit der Schrift bedrängt werden, es sich eher im Gespräch um den Sieg streiten und mit verkehrten Worten der Wahrheit widersetzen, denn ihre eigenen Fehler eingestehen. Sie erkennen nicht, dass sie demütig zu schweigen haben, wenn sie nicht wissen, was sie antworten sollen.

 

Niketas von Nikomedien sagte: Richtig hast du das gesagt, aber es sollte auch nicht stillschweigend übergangen werden, dass, falls vielleicht einer von uns beiden von dem anderen in der Darlegung der heiligen Schrift abweichen sollte, was trotz guten Glaubens oft passieren kann, er nicht sofort des Irrtums bezichtigt werden sollte, weil ja der einen Schrift oft verschiedene richtige Gedanken entlockt werden können. Sie sind deswegen keineswegs zu verachten, auch wenn sie nicht im Geringsten auf die aktuelle Frage gerichtet sein sollten. 

 

Anselm von Havelberg sagte: Sehr gut sagst du das, du bist so wohlwollend und im Glauben weder träge noch schwierig, du suchst, wie man gemeinhin sagt, keinen Knoten in einer Binse, denn so wie "In eine Seele, die auf Böses sinnt, kehrt die Weisheit nicht ein", so trägt sich die göttliche Weisheit in eine wohlwollende Seele von selbst hinein.

 

 

Niketas von Nikomedien sagte: Du bist von gutem Geist, ich will gerne glauben, was zu glauben ist, wenn ich angemessen dorthin geführt werde, Nun aber sprich.

<-- 13. Kapitel