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CAPITULUM XX.
Quod sicut in Evangelio non invenitur, Spiritus sanctus procedit a Filio; ita quoque in Evangelio nequaquam reperitur, Spiritus sanctus non procedit a Filio; nec invenitur quod a solo Patre procedat.
Anselmus Havelbergensis episcopus dixit: « Sicut tuam decet maturitatem et tanti viri prudentiam, locutus es: verumtamen nequaquam trepidandum est, ubi timor non est; sed sta hic, et his quae dico diligenter intende.
Si vereris dicere quod Spiritus sanctus procedat a Filio, quia in Evangelio verbum hoc, procedit a Filio, minime [ullo] in loco scriptum est, dic, quaeso, qua fronte quave teraeritate non formidas dicere hanc negativam processionis, videlicet, non procedit a Filio, cum in nullo loco Scripturae, nec usquam in Evangelio scriptum reperiatur? Quare non taces, ubi, sicut tu putas, tacet Evangelium? Unde tibi illud non, negativum, quod te non docet Evangelium? Quis unquam tibi persuadere potuit, ut diceres, non procedit a Filio, cum Evangelium hoc non dicat; et non potuit tibi persuadere, ut diceres, procedit a Filio, cum et hoc Evangelium non neget nec prohibeat?
Veneraris Evangelium, ut non audeas dicere, procedit a Filio; et non veneraris Evangelium, ut non audeas dicere, non procedit a Filio. Ibi times, ubi non est timendum; et ibi non times, ubi est timendum. Fateor tibi hoc verbum, procedit a Filio, in ullo loco Scripturae apud nos non ita simpliciter inveniri: et necesse est te quoqne fateri quod hoc verbum, non procedit a Filio, nusquam in eodem loco inveniatur. Quid ergo? disputabimus de verbis nunc hoc, nunc illud significantibus? Decetne nos sequi litteras, seu syllabas, seu dictiones, relicta rerum veritate? Magis autem relinquamus hoc pueris in grammatica et dialectica ludentibus; at vero nos magis sententiam investigare, quam verbis inhaerere oportet.
Proinde Spiritum sanctum aut a solo Patre, aut a non solo dicis procedere. Si a solo Patre dixeris, hoc certe ex Evangelio non habes; si autem a non solo dicere elegeris, oportet ut sicut a Patre, ita quoque a Filio, seu ab illo nescio quo cum procedere fatearis: sed fortasse nec hoc, nec illud eligere audebis, praesertim cum neutrum inveniatur in Evangelio, cui tu nihil prorsus addendum opinaris. Relinquitur ergo ut nos libera fide, tam sine contradictione Evangelii, quam sine contradictione tua dicamus Spiritum sanctum a Patre et a Filio procedere. Cum enim Evangelium a Patre, et non a solo Patre dixerit, satis libere a non solo Patre, sed etiam a Filio dicendum concessit. »
Nechites archiepiscopus Nicomediae dixit: « In hoc quod tu dicis, procedit a Filio, et in hoc quod tu dicis, procedit a Patre non solo, cogis me dicere, procedit a Patre solo; et cogis temere et extra Evangelium hoc negare, quod tu temere et extra Evangelium videris affirmare: non enim dicentis magis sunt sermones, quam dicere cogentis. »
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Kapitel 20
So wie im Evangelium nicht zu finden ist, dass der Heilige Geist vom Sohn ausgeht, ebenso kann im Evangelium nicht nicht entdeckt werden, dass der Heilige Geist nicht vom Sohn ausgeht, noch dass er nur vom Vater ausgeht.
Anselm von Havelberg sagte: Du redest, so wie es sich für deine Reife und deine männliche Klugheit geziemt. Aber man muss keineswegs ängstlich sein, wo es nichts zu fürchten gibt. Bleibe hier stehen und richte deine Aufmerksamkeit auf das, was ich dir sage.
Wenn du Bedenken hast, zu sagen, dass der Heilige Geist vom Sohn ausgeht, weil der Ausdruck 'er geht vom Sohn aus' im Evangelium an keiner Stelle geschrieben steht, dann sage mir bitte, mit welcher Kühnheit oder mit welcher Vermessenheit schreckst du nicht davor zurück, den negativen Ausdruck zu behaupten, nämlich 'er geht nicht vom Sohn aus'. der sich nirgends, weder in der Schrift noch im Evangelium, wiederfindet? Warum schweigst du nicht dort, wo, wie du glaubst, das Evangelium schweigt? Woher hast du dieses 'nicht', diese Verneinung, die dir nicht vom Evangelium lehrt wurde? Wer konnte dich jemals davon überzeugen zu sagen: 'er geht nicht vom Sohn aus', wenn das Evangelium dies nicht sagt? Und wer konnte dich nicht davon überzeugen zu sagen: 'er geht vom Sohn aus', wenn das Evangelium dies weder leugnet noch verbietet?
Du verehrst das Evangelium, wenn du nicht wagst zu sagen: 'er geht vom Sohn aus.' Du verehrst aber nicht das Evangelium, wenn du wagst zu sagen: 'er geht nicht vom Sohn aus.' Du fürchtest dich dort, wo es nichts zu fürchten gibt und du fürchtest dich dort nicht, wo man sich fürchten sollte. Ich stimme dir zu, dass der Ausdruck: 'er geht vom Sohn aus' für uns nicht so leicht in den Schriften zu finden ist und du musst auch zugeben, dass der Ausdruck 'er geht nicht vom Sohn aus' ebenso nirgendwo zu finden ist. Was soll also geschehen? Diskutieren wir über Ausdrücke, die bald dieses bald jenes bedeuten? Geziemt es sich für uns, dass wir Buchstaben, Silben oder Wörter untersuchen und die Wahrheit zurücklassen? Überlassen wir es also lieber den Knaben in der Grammatik oder der Dialektik zu spielen. Für uns ist es vielmehr angebracht, Meinungen zu untersuchen, als an den Worten hängen zu bleiben.
Demnach sagst du, ob der Heilige Geist allein vom Vater oder ob er nicht allein vom Vater ausgeht. Wenn du behauptest, dass er allein vom Vater ausgeht, dann kann dir das Evangelium dies nicht versichern. Wenn du es allerdings vorziehst zu sagen, dass er nicht allein vom Vater ausgeht, musst du zugeben, dass er entweder vom Vater und vom Sohn ausgeht oder dass er von wem auch immer ausgeht. Aber vielleicht wagst du weder das eine noch das andere zu wählen, weil sich keines von beiden im Evangelium findet, zu dem du überhaupt nichts hinzufügen möchtest. Es bleibt also übrig, dass wir mit ehrlichem Glauben, ohne Widerspruch zu den Evangelien und ohne Widerspruch zu dir sagen können, dass der Heilige Geist vom Vater und vom Sohn ausgeht. Während nämlich das Evangelium sagt: 'vom Vater' und nicht 'nur vom Vater', ist es erlaubt, ehrlich zu sagen: 'nicht nur vom Vater, sondern auch vom Sohn.'
Niketas von Nikomedien sagte: Wenn du sagst, 'er geht vom Sohn aus' und wenn du sagst, 'er geht nicht nur vom Vater aus,' zwingst du mich, zu sagen, 'er geht nur vom Vater aus' und du zwingst mich leichtfertig und ohne das Evangelium, dasjenige zu verneinen, was du leichtfertig und ohne das Evangelium scheinbar behauptest. Deine Rede sagt nämlich nicht mehr als das, dass sie einem zwingt etwas zu sagen.
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